Die Bildoberfläche scheint lebendig

Roderich Brandsch malt Fonnenwelt des Mikrokosmos mit Öl, Sand u nd Glaskügelchen / Ausstell ung in Gundelfingen.


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2. Roderich Brandsch zeigt Formenwelt des Mikrokosmos / Ausstellung im Gundelfi nger Rathaus Foto: Andrea Steinhart


GUNDELFINGEN. Mit dem Titel "Natürlich Anders II" ist eine Ausstell u ng überschrieben, diejüngst im Rathausfoyer eröffnet wurde. Die 43 Exponate von Roderich Brandsch aus Bad Krozingen zeigen Formenwelten des Mikrokosmos. Die Materialien der experimentellen wie originel len Ma lerei sind Öl, Sand und Glaskügelchen. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Dorothee Hecking-Neu an der Harfe.


Bra ndsch Bilder zeigen die Grundstrukturen von Zellformen , Zellstrukturen und Zellsysteme. "Die Bilder thematisieren Ereignisse des Werdens und des Vergehens mit all ihren

Ambivalenzen möglicher Deutungen von Angst und Aggression bis zu einer heiteren geordneten Welt, manchmal mit ironischem Unterton", sagte Hans-Werner Drawin, der detailliert in die Ausstell ung einführte. So macht der Künstler die nu r unter dem Mikroskop sichtbaren Formen des Blutes in einem Blumenbild sichtbar: Ein weißer Blutkörper als gelber Kreis symbolisiert dabei das Blütenzentrum , die roten Blutkörper wurden zu Blütenblättern. Andere Bilder zeigen fantasievolle Motive -etwa eine spindelförmige Blu menwi nde oder ein vierbeiniges Fabelwesen. lm Bild "Sägen am Paradiesbaum" scheint es, <:ils ob feindliche Zellen an der schwächsten Stelle den Baum angreifen. I n einem wei teren Gemälde, das keinen Titel trägt, wächst eine blaue quallenfönnige Figur zu einem bedrohlichen Gebilde heran, das mit seinem zentralen Zellauge durchs All schwebt.

Nur die wenigsten der Bilder sind beti tel t Alle sind mit Öl farbe gemalt, die kleineren auf Pappe, die größeren auf Leinwand. Fü r die Struktu rieru ng der Maiflächen hat Brandsch eine

eigene Mischtechnik entwickelt, die konventionelle Mittel wie Ölfarbe mit Materia lien wie lonenaustauscher, Glaskügelchen und Sand verbi ndet. Die sichtbaren Spuren des Spachtels und der starke Farbauftrag strukturieren die Bildoberfläche und verleihen ihr einen

reliefart igen Charakter. Stränge u nd Fäden aus Farbe

Stränge u nd Fäden aus Farbe begrenzen und verbi nden die Formen untereinander. Es entstehen lebendige und verändeLiche Oberflächen, so dass die Bilder die Sinne ansprechen und greifbar wirken. Das Licht spielt für die Rezeption der Bilder eine wichtige Rolle: Die aufgetragenen Glaskügelchen reflektieren das einfa llende Licht und lassen einzel ne Partien des Bildes au neuchten, wodurch eine einzigartige Dynami k und Tiefe von Formen und Farben entsteht. Je nach Standpunkt des Betrach ters ergeben sich überraschend neue Sichtweisen, die Bi lder enthalten mehr als das, was das Auge au f den ersten Bl ick erkennt. "Bei einigen Bi ldern scheinen Bildstrukturen dadurch geradezu über der Malfläche zu

schweben", sagte Drawi n.


Ein Zugang zu den Bildern eröffuet sich, wenn man die beru niche Tätigkeit des Künstlers betrachtet. Geboren in Siebenbürgen, wuchs Roderich Brandsch in einer der Kunst zugewandten Fami l ie auf. Der Vater war ein bekannter Siebenbürgcncr Maler. "Daher hatte ich schon als Kind großes Interesse an der Malerei", erzählte Roderich Brandsch am Rande der Vernissage. Er entschied sich jedoch für eine wissenschaftl iche Laufbahn, studierte Biologie und promovierte über ein Thema der Zel lbiologie. Am I nstitut für Biochemie und Moleku larbiologie der med izinischen Fakultät der Universität Freiburg arbeitete er als Wissenschaftler der Biochemie der Zellen, habilitierte sich und emeritierte vor nicht allzu langer Zeit als Hochschullehrer.


Seinen kü nstlerischen Durchbruch erlebte Brandsch 1974 und 1975, während eines Aufenthalt am Roche Institute for Molecu lar Biology in N utley, New Jersey/ USA. Angeregt durch den Konta kt mit der New Yorker Kunstszene, von Mini mal Art, New Realism und anderen

zeitgenössischen Ku nstström ungen, entwickelte er eine eigene Bi ldsprache zu einem ind ividuellen Stil.


Hinweis: Die Ausstell ung ist bis zum 2. Oktober zu den Öffnu ngszeiten des Rathauses montags bis donnerstags von 8 bis 16 u nd freitags von 8 bis 14 Uhr zu sehen.